Nach einer breiten Konsultation von Januar bis Mai 2025 hat ein nationales Bildungsministerium einen verbindlichen Rahmen für den Einsatz generativer KI in Schulen beschlossen. Für Dich als Sprachlehrkraft sind dabei fünf Punkte entscheidend:
- KI ist ein unterstützendes Werkzeug. Sie ergänzt, aber ersetzt niemals Lehrkräfte.
- Nutzung nur unter transparenter Aufsicht durch qualifizierte Lehrkräfte oder schulische Mitarbeitende.
- Strenger Datenschutz: Keine personenbezogenen Schülerdaten in KI-Dienste eingeben. Keine Pflicht, Schülerkonten bei externen KI-Diensten anzulegen.
- Präferenz für offene, transparente und ressourcenschonende Lösungen; Umweltaspekte werden berücksichtigt.
- Verbindliche Fortbildung: Sensibilisierung bereits ab der Grundschule; generative KI ist ab Klasse 8 im pädagogischen Rahmen unter Aufsicht erlaubt. In der Oberstufe ist eine begrenzte selbstständige Nutzung innerhalb des Rahmens möglich.
Zusätzlich gilt ab dem Schuljahr 2025 für bestimmte Jahrgangsstufen eine verpflichtende Micro‑Schulung auf einer staatlichen Lernplattform. In der Leistungsbewertung wird unautorisierte KI‑Nutzung bei Hausaufgaben wie Plagiat als Betrug eingestuft. Anstelle unsicherer KI‑Detektoren sollen Lehrkräfte Bewertungsmethoden weiterentwickeln und stärker Denken, Problemlösen und kritische Analyse prüfen.
Kurz: Der Rahmen schafft Rechtssicherheit und klare Erwartungen – verlangt aber auch pädagogische Leitplanken, Dokumentation und transparente Kommunikation.
Warum das gerade im Sprachunterricht zählt
Sprachenlernen profitiert besonders von generativer KI – wenn Du die Zügel in der Hand behältst:
- Individualisierung: KI kann Wortschatzarbeit, Drill und Wiederholung passgenau an Niveau und Tempo Deiner Lernenden anpassen.
- Übung ohne Wartezeit: kontrollierte Dialoge, Rollenspiele und unmittelbares, erklärtes Feedback motivieren – gerade in großen Klassen.
- Multimodales Lernen: Texte, Bilder, Zahlenbeispiele oder spielerische Elemente sprechen unterschiedliche Lernkanäle an.
- Reflexion: KI‑Outputs können analysiert, korrigiert und verglichen werden. Das stärkt metasprachliche Kompetenz und kritisches Denken.
Der Clou ist die Balance: KI eröffnet neue Wege, aber Deine didaktische Führung, klare Aufgabenstellungen und Reflexionsphasen sind Pflicht.
Unterrichtsdesign mit KI: so planst Du sicher und effektiv
Baue KI bewusst in den Ablauf ein – mit klaren Zielen und Stopppunkten:
1) Ziel festlegen
- Welche Kompetenz trainierst Du? Wortschatz, Strukturen, Aussprache, Diskurskompetenz, kulturelles Verstehen?
- Welche Rolle spielt KI? Generator, Sparringspartner, Feedbackgeber, Differenzierungswerkzeug?
2) Aufgabenstellung präzisieren
- Beispiel: „Erstelle mit KI fünf Sätze im Perfekt auf A2‑Niveau mit thematischem Wortfeld ‚Reisen‘. Markiere die Partizipien. Notiere Deinen Prompt im Heft.“
3) Kontrollierte Dialoge statt Freiflug
- Lass die KI in Rolle X antworten (z. B. „freundliche Hotelrezeption“), begrenze Länge und Vokabular, verbiete heikle Inhalte, erlaube maximal 2 Nachfragen.
4) Differenzierte Übungen
- Lass Dir drei Varianten liefern: Basis, Mittel, Stretch. Lernende wählen passend zum eigenen Niveau – oder Du weist zu.
5) Feedback mit Erklärungen
- Deaktiviere „autoritäres Richtig/Falsch“. Verlange immer Begründungen („Warum ist diese Präposition korrekt?“). Nutze Fehlersammlungen für eine gemeinsame Mini‑Konferenz.
6) Reflexion fest verankern
- Abschlussfragen: Was hat die KI gut gemacht? Wo war sie ungenau? Wie würdest Du Deinen Prompt nächstes Mal verbessern? Welche Regel wurde klarer?
Aufsicht und Transparenz: fair, dokumentiert, nachvollziehbar
Sorge dafür, dass alle wissen, wann und wie KI genutzt wird – und dass das Ergebnis nachvollziehbar bleibt:
- Nutzungszweck vorab definieren und sichtbar machen (Tafel/Slide): „Heute: KI als Übungspartner für Past Tense, max. 10 Minuten, keine Hausaufgabennutzung.“
- Kennzeichnungspflicht: Ergebnisse werden mit „mit KI‑Unterstützung erstellt“ markiert – am Dokumentrand oder im Dateinamen.
- Prozess dokumentieren: Lernende notieren Prompts, KI‑Antworten und eigene Überarbeitungen in einem „KI‑Logbuch“ (Heft, Padlet, Schulcloud).
- Supervisor‑Modus: Du kontrollierst die Rahmenbedingungen (z. B. vorgegebene Tools/Accounts, Zeitfenster, Filter). Bei Gruppenarbeit: eine Rolle „KI‑Beauftragte:r“ pro Team.
So entsteht Transparenz ohne Misstrauenskultur – und Du gewinnst Einblick in das Denken Deiner Klasse.
Datenschutz first: was nicht in die KI gehört
Der Rahmen ist unmissverständlich: persönliche Daten bleiben draußen.
- Keine Namen, Gesichter, Kontaktdaten, Gesundheitsinfos oder identifizierenden Details eingeben.
- Verwende schulische, datensparsame oder anonymisierte Zugänge. Wenn externe Tools: Einwilligungen prüfen, Datenflüsse minimieren, Export abschalten, wo möglich.
- Speicherhygiene: Projektdaten nach Abschluss löschen oder lokal in der Schulcloud sichern; kein dauerhaftes Training externer Modelle mit Schülerdaten.
- Prompt‑Beispiele datenschutzkonform formulieren:
- Statt „Korrigiere Marias Rede“: „Korrigiere die folgende A2‑Rede zum Thema ‚Schule gestern und heute‘.“
- Statt „Nimm Bezug auf Kevins Praktikum“: „Beziehe Dich auf ein zweiwöchiges Praktikum in einem Café (ohne Namen/Ort).“
Mach Datenschutz zum Lernziel: Lass die Klasse unsichere Prompts umschreiben – und begründen, warum die neue Variante sicherer ist.
Toolwahl und Nachhaltigkeit: transparent, erklärbar, genügsam
Die Leitlinien empfehlen, wenn möglich, Open‑Source‑Lösungen und die Berücksichtigung von Umweltaspekten.
- Transparenz/Erklärbarkeit: Bevorzuge Tools mit einstellbaren Inhaltsfiltern, Quellenhinweisen, erklärbaren Korrekturvorschlägen und Einsicht in verwendete Modelle/Versionen.
- Ressourcenschonung: Wähle stromsparende Modi (kleinere Modelle für einfache Aufgaben), nutze On‑Premise/Schulserver, wenn vorhanden, und begrenze Ausgabeumfang.
- Offline‑ oder schulnahe Optionen: Für sensible Aktivitäten sind lokal betriebene oder datenschutzgeprüfte Dienste ideal.
- Didaktische Passung vor Feature‑Listen: Frag Dich immer: Dient das Tool wirklich dem Lernziel? Wenn ja, unter welchen Auflagen?
Kurzer Praxistipp: Für Routine‑Wortschatzarbeit reichen oft „leichte“ Modelle mit eingebauten Filtern. Für stilistische Analyse in der Oberstufe kann ein stärkeres Modell sinnvoll sein – dann aber mit strikter Dokumentation.
Bewertung neu denken: vom Produkt zum Prozess
Die Leitlinien sagen es deutlich: Unautorisierte KI‑Nutzung bei Hausaufgaben ist Betrug – wie Plagiate. KI‑Detektoren sind unsicher; stattdessen wird die Prüfungspraxis angepasst.
- Prozesssicht stärken:
- Zwischenschritte einfordern: Brainstorm, Gliederung, erste Rohfassung, KI‑Feedback, Überarbeitung – jeweils abgegeben oder im Logbuch sichtbar.
- Mündlichkeit aufwerten: Kurzvorträge, Dialoge, Q&A zum eigenen Text („Defense“).
- Transferaufgaben: Gelerntes in einem neuen Kontext anwenden (anderes Register, neue Zielgruppe, Mediumwechsel).
- Reflexionskompetenz bewerten:
- Quellennachweis und Prompt‑Reflexion („Was hat Dein Prompt bewirkt? Was änderst Du nächstes Mal?“).
- Fehleranalyse statt nur Endnote.
- Klare Grenzziehung für Hausaufgaben:
- „KI erlaubt/erwünscht“ vs. „KI verboten“ explizit kennzeichnen. Ohne Erlaubnis ist Nutzung nicht gestattet.
So bleibt Leistung authentisch und die KI wird zum Lernverstärker – nicht zum Abkürzungswerkzeug.
Altersstufen und Regeln: wer darf was, wann, wie?
Der Rahmen staffelt die Nutzung nach Klassenstufen:
- Ab Klasse 8: Geführte Nutzung im Unterricht unter Aufsicht, klar begrenzte Aufgaben, Zeitfenster und Tools.
- Hausaufgaben: Nur mit ausdrücklicher Erlaubnis und genauen Vorgaben zur Dokumentation. Ohne Kennzeichnung gilt es als Betrug.
- Oberstufe: Begrenzte eigenverantwortliche Nutzung innerhalb des Rahmens – inkl. Pflicht zur Kennzeichnung, Logbuch und Reflexion.
- Micro‑Schulung: Ab Schuljahr 2025 absolvieren bestimmte Jahrgangsstufen eine kurze staatliche Basisschulung (z. B. Sicherheit, Ethik, Datenschutz, Prompting‑Grundlagen).
Transparenz gegenüber Eltern gehört dazu: Informiere über Ziele, Grenzen und Schutzmaßnahmen.
Drei regelkonforme Unterrichtsszenarien für Deinen Sprachunterricht
1) Wortschatz‑Sprints (Klasse 8–10)
- Ziel: thematischer Wortschatz „Gesundheit“ auf A2/B1 festigen.
- Ablauf: 5 Minuten KI‑gestützte Karteikarten generieren lassen (deutsch – einfache Beispiele, falsche Freunde markieren). Danach 5 Minuten Partner‑Abfrage ohne KI. Anschließend 5 Minuten Reflexion: Welche Karte war missverständlich? Prompt nachschärfen.
- Aufsicht/Transparenz: Tafelregeln sichtbar; Ergebnisse mit „mit KI‑Unterstützung erstellt“; Logbuch mit Prompt und 2 Kartenbeispielen.
- Datenschutz: Keine Namen, nur generische Beispielsätze.
- Bewertung: Mini‑Mündlichkeit (je 30 Sek.) + reflektierter Prompt.
2) Kontrollierte Rollenspiele (Klasse 9–11)
- Ziel: funktionale Kommunikation am Schalter/Telefon, begrenztes Register.
- Ablauf: KI spielt Rolle „Bahnschalter, höflich, maximal 50 Wörter, B1“. Lernende stellen 3 Fragen, erhalten Antwort, paraphrasieren diese und notieren eine höfliche Abschlussformel.
- Aufsicht/Transparenz: Lehrer‑Dashboard oder ein vorbereitetes, datensparsames Tool; Rollenkarten vorgegeben; Produkte gekennzeichnet.
- Datenschutz: Keine personenbezogenen Szenarien („eine Reisende, kein Name“).
- Bewertung: Fluency, Höflichkeitsmarkierer, Paraphrasierung; plus kurze Reflexion: „Welche Frage brachte die beste Antwort, warum?“
3) Schreibwerkstatt mit Feedback‑Schleifen (Oberstufe)
- Ziel: argumentierender Text auf B2/C1, Kohärenz, Register.
- Ablauf: Lernende erstellen Gliederung; KI liefert Gegenargumente und Strukturvorschläge; Lernende schreiben Rohfassung; KI prüft Kohäsionsmittel und gibt begründete Hinweise; Lernende überarbeiten und markieren Änderungen.
- Aufsicht/Transparenz: Jeder Schritt im Logbuch; alle KI‑Stellen gekennzeichnet; Tool mit Erklärfunktion.
- Datenschutz: Nur thematische, nicht personenbezogene Inhalte.
- Bewertung: Gewichtung auf Prozess (Gliederung, Überarbeitung), mündliche Kurzverteidigung, Quellen‑/Prompt‑Reflexion. Kein Einsatz von KI‑Detektoren.
Optionales Add‑on in allen Szenarien: Nachhaltigkeitsmodus (kleineres Modell, kurze Antworten, begrenzte Tokens) und Zeitbudget sichtbar machen.
Schulorganisation: so bringst Du Deine Schule schnell auf Kurs
Damit der Rahmen nicht auf Papier bleibt, braucht es ein schlankes Organisationspaket:
- Kurze KI‑Basisschulung für Lernende einbetten (20–30 Min.): Chancen, Risiken, Datenschutz, Kennzeichnung, Beispiel‑Prompts.
- Eltern informieren: Brief/Infoabend zu Zielen, Schutzmaßnahmen, Regeln und Beschwerdewegen.
- Schulisches KI‑Nutzungskonzept verabschieden: Zuständigkeiten, zugelassene Tools, Datenschutzprüfung, Altersstufenregeln, Dokumentationsstandards, Supportstrukturen.
- Checkliste/Karte für jede Lehrkraft (A4): „Zweck – Aufsicht – Datenschutz – Bewertung – Kommunikation“.
- Fortbildung für Kollegium: Mikro‑Inputs zu Prompt‑Design, Feedbackqualität, alternativen Prüfformaten.
- Infrastruktur klären: Schulcloud/On‑Prem‑Optionen, Zugriff für Klassen, Logging, Energiesparvorgaben.
So entsteht Konsistenz – und Du musst das Rad nicht in jeder Stunde neu erfinden.
Kompakte Checkliste für Sprachlehrkräfte
- Zweck klar? (Kompetenzziel, Rolle der KI, Dauer)
- Aufsicht gesichert? (zugelassenes Tool, Zeitfenster, Filter, Rollen im Team)
- Transparenz geregelt? (Kennzeichnung „mit KI‑Unterstützung erstellt“, Logbuch/Prozessdoku)
- Datenschutz eingehalten? (keine Personenbezüge, schulische/anonymisierte Zugänge, Speicherdauer minimal)
- Tool geprüft? (Transparenz, Inhaltsfilter, Erklärbarkeit, ressourcenschonende Einstellungen)
- Bewertung angepasst? (Prozessnachweise, Mündlichkeit, Transfer, Prompt‑/Quellenreflexion; keine KI‑Detektoren)
- Altersstufe berücksichtigt? (ab Klasse 8 unter Aufsicht; Hausaufgaben nur mit Erlaubnis; Oberstufe mit klaren Regeln)
- Kommunikation erledigt? (Klassenregeln sichtbar, Elterninfo, Micro‑Schulung terminiert)
Fazit zum Mitnehmen: Der neue Rahmen gibt Dir Rückenwind – und klare Leitplanken. Wenn Du KI transparent, datensicher und didaktisch geführt einsetzt, wird sie im Sprachunterricht zum starken Verbündeten: für Differenzierung, Motivation und messbares Kompetenzwachstum.
